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Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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Zietenhusar

(Supporter)

Thomas hat gebastelt. Das Thema hier wird sich deshalb wieder etwas länger hinziehen. lachen

Teil 1: Wie es anfing
Vor etwas mehr als 2 Wochen schrieb mich ein Sammler an, ob ich nicht ein Schwert zum "rumdröseln" haben möchte. Hab mir die Fotos angeschaut und zugestimmt. Ich brauche ja immer was zum rumdröseln. cool

Und so kam es an. Es handelt sich um das so genannte LEUTLRIT-Schwert oder River Witham sword, ein Nachbau von der Firma WINDLASS-MARTO.

Der Vorbesitzer wollte die oberste Metallschicht (Neusilber?) von Knauf und Parierstange entfernen, traf dabei auf eine darunterliegende Kupferschicht (Trägermetall) und dann auf Messing (Knaufmaterial). Dann verlor er die Lust daran.

Und so kam es bei mir an.

01.06.24, 18:23:57

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 2: Die Zerlegung.

Das fällt mir mittlerweile nicht mehr schwer. Schließlich kenne ich den Aufbau der Waffen.

01.06.24, 18:33:58

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 3a: Der Versuch einer Klingenätzung

Na, ob mir das gelang die häufigste Inschrift aus dieser Zeit +VLFBERH+T elektrochemisch in die Klinge zu bekommen?

Klinge entfettet und zum Abdecken ein starkes Klebeband genommen. Die Inschrift mit einem Skalpell herausgearbeitet und mit Gleichstrom, Salzwasser und Q-Tipps losgelegt. Es ging gut los, aber leider löste sich das Klebeband an den Rändern und ich musste abbrechen.

Ein Video dazu.

01.06.24, 18:51:06

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 3b: Ein weiterer, fruchtloser Versuch einer Klingenätzung

Dieses Mal mit Nagellack als Abdeckung. Grundsätzlich ist die Ätzung mit Elektrizität eine gute Sache, allerdings ist in meinem Fall die Fläche der Buchstaben zu groß, so dass eine intensivere Anwendung zu höherer Temperatur führt und damit die Sperrschicht zum Schwächeln bringt.
Glück im Unglück: Die durch die Maßnahme entstandenen Spuren konnte mit feinkörnigen Sandpapier beinahe restlos entfernt werden. Die Ätzungsversuche selbst hatten nichts hinterlassen, aber das Skalpell beim Ausschneiden der Zeichen.

Und ein Video dazu.

01.06.24, 19:05:11

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 4: Rückgängigmachung der gescheiterten Ätz-Versuche

Um die Kratzer auf der Klinge von den vorangegangenen Ätzungsversuchen zu entfernen, kam eine Menge Schleifpapier und ein dreiviertelstündiges Tauchbad in 30%-iger Salzsäure zur Anwendung. Dabei kam dieses interessante Muster heraus.

Beim Klingenstahl handelt es sich nicht um Damaststahl. Zwar wird bei diesem Schwert in den Produktbeschreibungen nirgends eine Stahlsorte genannt, aber in der Regel verarbeiten sie 1055er und 1065er Stahl*). Also Monostahl!

Die Nachfrage bei Schmieden und Messermachern ergab, dass es sich hierbei um eine "...Verschiebungen im Kristallgitter des Stahls handelt, die insbesondere bei massiven Umformungen entstehen und durch kleinste chemische Abweichungen ausgelöst werden. Technisch haben die in der Regel keine Auswirkungen."

Wieder etwas dazu gelernt. Idee

Ein Video von der Klinge nach einer ersten Politur.

*)
1055 Kohlenstoffstahl: AISI 1.0535, DIN C55, Norm 10083-2
1060 Kohlenstoffstahl: AISI 1.0601, DIN C60, Norm 10083-2
1067 Kohlenstoffstahl: AISI 1.0603, DIN C67, Norm 10132-4

Wer sich die metallurgische Erklärung antun möchte, mit einer monotonen Frauenstimme, der wird HIER fündig. Aber, Vorsicht, 45 Minuten staubtrockener Stoff.

01.06.24, 19:13:56

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 5: Die Wahl der Materialien für den Schwertgriff und Beginn der Verarbeitung

In der Reihenfolge erfolgte die Wahl der Materialien für Knauf und Parierstange noch vor den vorangegangenen Vorgängen.

Regel Nummer 1: Keine teure Neuware benutzen! Alles muss schon irgendwie vorhanden oder auf Flohmärkten gekauft sein. Oder Restbestände.

Der Knauf ist aus der Lauffläche von Opas Bahnschienen-"Amboss", die Parierstange aus rostigem Flacheisen, die Hilze aus einem Hammerstielrest, die Unterwicklung aus alter Sisal- bzw. Hanfschnur (aus dem Nachlass eines Sattlers) und das Griffleder aus einem etwa 100 Jahre alten Stuhlbezug.

Werkzeuge:
Metallbandsäge, Bandschleifer, Winkelschleifer, Ständerbormaschine, diverse Feilen, Sandpapier, diverse Stechbeitel, Metallbügelsäge

Schutz- und Hilfsmittel:
Schutzbrille, Gehörschützer, Staubsauger, Eimer mit Wasser. Zugluft

02.06.24, 03:17:56

Zietenhusar

(Supporter)

Wo war ich stehen geblieben? Ach so...

Teil 6: Die Montage von Angel und Knauf

Das Aufstecken der Parierstange soll immer etwas schwer gehen. Sie muss am Ende fest sitzen und darf nicht klappern. Also wird sie, nachdem ich sie so weit wie möglich auf die Angel geschoben, ein Rohr aufgesteckt und mit einen Hammer festgeklopft.

Anschließend das Schwert an der Angel in einen meiner Schmiedeschraubstöcke eingespannt, am Ende glühend erhitzt, den sorgsam aufgebohrten und passend ausgefeilten Knauf aufgeschoben und vernietet.

Im zusammengebauten Zustand habe ich dann die Parierstange mit kräftigen Hammerschlägen auf ihre Seiten nochmal fest an die Angel gepresst. Das ganze dann nochmal beschliffen und poliert. Das Finish im nächsten Teil ersichtlich.

03.06.24, 04:59:14

Zietenhusar

(Supporter)

Teil 7: Das Gehilz

Einfach das Reststück von einem Hammerstiel längs aufgesägt, die Angel beidseitig herausgearbeitet, mit Holzleim an die Angel geleimt und antrocknen lassen. Als Unterwicklung eine dünne Naturfaserschnur aus dem Nachlass eines Sattlers (Flohmarktkauf) eng umwickelt und das Ganze oberflächlich mit Holzleim bestrichen. Dann ein Stück altes Leder zugeschnitten, um den Griff gelegt, mit Klemmen fixiert und für den gleichmäßigen Anpressdruck wieder mit einer, dieses Mal gröberen, Naturfaserschnur umwickelt (die letzten beiden Fotos).

Von der Belederung habe ich kein Foto gemacht, weil dieser Arbeitsschritt Eile benötigt. Der Kleber darf nicht fest werden, bevor das Leder angepresst wird.

Der Stand vor der Belederung im Video.

03.06.24, 05:12:06

Zietenhusar

(Supporter)

Muss mal endlich zu Potte kommen...

Teil 8: Die Fertigstellung

Es ist blanker geworden als ich dachte und wollte. Der Knauf hätte etwas breiter sein können. Aber, im großen und ganzen bin ich zufrieden damit.

Gesamtlänge: 955 mm
Klingenlänge: 810 mm
Klingenbreite: 57,3 mm
Klingenstärke: 4 / 3,9 / 2 mm (Basis/Mitte/Ort)
Gewicht: 1230g
POB: 175 mm vor der Parierstange

Als Vorbild diente das Schwert mit Paranussknauf, aus dem Archäologischen Landesmuseums Brandenburg.

Nebenbei: Interessant die beinahe perfekte Fortsetzung des Klingenmusters im Venylbelag des Fußbodens, siehe 5. Foto. lachen

04.06.24, 04:56:06

Jagdsammler

(Moderator)

Super! Welch eine Aufwertung.
Ich bin beeindruckt! Meister
Weiter so!
Grüße vom Jagdsammler

04.06.24, 06:20:18
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